Im Juli 2013 zog die „Disability and Mad Pride Parade“ durch Berlin-Kreuzberg. „Behindert und verrückt feiern“, „Norm mich nicht voll“ oder „Pflegestufe 3 und Spaß dabei“ konnte man auf den Transparenten lesen. Rund 1.000 bis 1.500 Menschen, sichtbar und unsichtbar von Behinderung und psychiatrischen Diagnosen betroffen, feierten das „Nicht-Normal-Sein“ und erteilten dem rein medizinisch und defizitorientierten Blick auf Körper und Psyche eine radikal-glitzernde Absage: „Stell Dir vor, jemand entscheidet über Deinen Kopf, wo Du wohnst, oder wohin Du alleine gehen darfst. Stell Dir vor, jemand bestimmt, was Du isst, oder wen Du triffst. Unvorstellbar? Für manche von uns leider nicht!“, stand auf den Einladungsplakaten.
Hauptanliegen der Pride-Parade, die auch in der Tradition der emanzipatorischen Krüppel- und Behindertenbewegung steht, ist die Forderung nach einem selbstbestimmten Leben. „Independent Living“, das Kernkonzept der amerikanischen und britischen Behindertenbewegung, entwickelte sich in den frühen 80er Jahren auch in Deutschland zu einer der wichtigsten Leitlinien in der Behindertenpolitik.
Einer der deutschen Aktivisten der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, Horst Frehe, fasst dies so zusammen: „Selbstbestimmt leben heißt, Kontrolle über das eigene Leben zu haben, basierend auf der Wahlmöglichkeit zwischen akzeptablen Alternativen, die die Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer bei der Bewältigung des Alltags minimieren. (…) Unabhängigkeit (‚Independence‘) ist ein relatives Konzept, das jeder persönlich für sich bestimmen muß. Weiterlesen
GID – GENethischer Informationsdienst, Zeitschrift des GENethischen Netzwerks, Februar 2014